Mittwoch, 20. Mai 2009

Berlin

Sie reden viel und fehlerhaft
dank deformierter Kehle.
Sie vegetiern im eignen Saft
und halten das für Seele.

Sie können nichts und wissen nichts
und sind zu dumm zum Siezen.
Sie hoffen nichts und missen nichts
und schimmeln in den Kiezen

und sind, dem Herrgott sei's geklagt,
zu blöd zum Brötchenholen.
Wer Hauptstadt der Versager sagt,
der meint Berlin (bei Polen).

Thomas Gsella

Dienstag, 31. März 2009

Letzte Runde

Boing! Der Schlag zur letzten Runde in New York klingt noch in den Ohren. Morgen gehts wieder zurück nach Berlin. Freude mischt sich mit Fassungslosigkeit.

Ich habe meinen Blogbericht nun doch sehr schleifen lassen. Kurz im Zeitraffer: In Cusco und auf dem Maccu Picchu war es natürlich noch sehr spannend. Habe viele Leute kennengelernt, tolle Landschaften gesehen und war viel unterwegs. Fotos hochladen klappt leider gerade nicht, wird aber nachgeholt.
In Lima kam es dann zu tragischen Abschiedsszenen und zu einem Friseurbesuch, der mich viiiel zu viiiele Haare kostete.
In Kolumbien war ich dann mit Nathalia, die ich in Manly kennengelernt habe, und ihrer riesigen verrückten Familie unterwegs. Nach 6 Wochen nahm ich die erste warme Dusche und jauchzte vor Glück. Medellin ist sehr schön und grün und sauber. Es gab extrem viel Essen (ich sehe aus wie eine Figur von Botero, seine "Eva" in Medellin) und es wurde gefeiert. In einer Woche lernte ich unglaublich viel von Zentralkolumbien kennen und legte insgesamt bestimmt an die 1500 Kilometer zurück und 4 Kilo zu.

Und schwupps, bin ich wieder in NY. Julias neue Wohnung ist sehr schick und mit amüsanten Mitbewohnern ausgestattet. Der Hauptmieter redet wie ein Wasserfall und hält sich eine Art Harem von kleinen HipHop-Jungs - sorgt somit also dafür, das keine Langeweile aufkommt.
Am WE waren wir auf einer extrem guten Party. Die Musik war so eine Mischung aus Elektro, HipHop, Bossa (?), Raggaton, Salsa und was weiss ich noch was. Ähnlich durchmischt waren auch die Menschen: Punks gingen friedlich neben Metalern, Schranzern und Gangstern ab.

Die Erleichterung, wieder in der westlichen, gewohnten Kultur angekommen zu sein, ist ein Zeichen mangelhaften Kosmopolitentums und macht sich auch im politisch korrekten Magen bemerkbar: Die Triple-Brownie-Schokotorte vom Samstag führte zu einer kurzfristigen Magenverstimmung, die weiteres Ausgehen verhinderte.

Freitag, 13. März 2009

Cusco, Klappe die Erste

Seit gestern bin ich in Cusco und es fühlt sich schon an wie eine Ewigkeit. Es ist sehr schön hier, sehr grün und man ist den Wolken und den Sternen ganz nah. Ich wohne in einem Hotel nahe dem Zentrum (Plaza de Armas) und nachts wird es bitterkalt. Die Höhenkrankheit hat mich bisher noch nicht erwischt, ich habe gestern aber auch 6 Coramina und 3 Mate de Coca in mich reingeschüttet. Abends habe ich mich mit Weltwärts-Leuten getroffen, was sehr interessant war. Vielleicht muss ich das doch auch noch mal machen.

Heute war ich mit Oscar, der früher auch in Lima für Franz gearbeitet hat, auf Wanderung. Er und 2 Mitarbeiter wollten für sein Projekt ein abgelegenes Dorf in 4000 Meter Höhe besuchen. Das bedeutete 2 Stunden mit dem Jeep durch die Berge bis der Weg nicht mehr weiterging. Dann 2 Stunden wandern. Auf dem Weg kamen wir an atemberaubenden Wasserfällen und Tälern vorbei (atemberaubend in wörtlichem Sinne, weil mein Herz bei der Höhe nicht mitmacht). Kolibris, gelb und türkis! Wiesen und Blumen und riesige Eukalyptusbäume! Leider sehr steil. Oscar und ich konnten irgendwann nicht mehr. Glücklicherweise sprang ein Dorfbewohner in den Felsen herum und beschaffte Pferd und Esel. Ich musste natürlich auf den Esel. Unglaublich was diese Tiere für eine Energie haben - und was für Mammutherzen.

Das Dorf kam mir vor wie aus einem billigen Zeitreisen-Film ensprungen. Wir kamen an und ich dachte nur: Mittelalter. Lehmhütten mit Strohdächern ohne Fenster, aus denen Qualm herausquillt. Frauen tragen die traditionelle Anden-Tracht. Überall ist es schön grün. Kühe, Schweine, Federvieh. Die Menschen sind dreckig und waschen sich auch nicht. Ich fragte, wo das Wasser herkommt, und ein Mann meinte, sie trinken das Wasser aus dem Bach. Ja, und mit dem Wasser wascht ihr euch auch? fragte ich in meiner grenzenlosen Naivität. Der Mann schüttelte verständnislos den Kopf und Oscar meinte nur: Hier wird sich nicht gewaschen. Die vom Staat hingestellten Klos werden nicht benutzt. Überall sind die Exkremente der Tiere und Menschen, die Kinder laufen barfuss, trotz Kälte und Schlamm.

Dies ist eine andere Form von Armut als in Lima. Sie sind nicht wirklich arm, leben viel mehr im Einklang mit der Natur wie es schon Generationen vor ihnen gemacht haben. Sie sind nur hinter der allgemeinen Entwicklung jahrzehntelang zurückgeblieben. Schlimm ist, dass sie kaum Castellano sprechen, sondern nur Quechua. Zur Verständigung hatten Oscar und ich 2 Dolmetscher dabei.

Am Ende unseres Besuches gab es in einer der düsteren Hüttten, in denen Schaffelle trocknen und Meerschweinchen rumhuschen, frische Kartoffeln mit frisch gelegtem Spiegelei. Das beste was ich seit Wochen gegessen habe. Dann ging es kokablätterkauend wieder abwärts und nun bin ich fix und fertig.

Samstag, 7. März 2009

Limas Gesichter II

eva-198

Dieses allzu triste und überaus politisch korrekte Blog verdrängt natürlich die schönen Seiten von Lima. Aus diesem Grunde werden nun mal ein paar sonnigere Fotos gepostet.
eva-240Die letzte Woche war ich in Campoy. Dort habe ich im Kindergarten "Mama Elsa" gearbeitet (Teil von der Organisation "Solidaridad Peru-Alemania"). Mit den Kleinsten komme ich am Besten klar, weil die sowieso mehr über Gesten als über Sprache kommunizieren. Dennoch ist die erste Woche generell hart, weil alle zu ihrer Mama wollen und heulen und greinen. Da ist mir mal wieder eingefallen, dass ich mich als kleines Kind immer dagegen gewehrt habe, andere Kinder kennenzulernen. Ich fand es total ungerecht, von den Erwachsenen zu dieser sozialen Interaktion gezwungen zu werden, bspw. wenn die Eltern ein anderes Elternpaar besuchten. Ich hatte immer den Eindruck, dass es Erwachsene viel leichter haben, sich kennenzulernen. Warum? Weil sie kommunikative Regeln haben, an denen sie sich langhangeln können. Bei uns Kindern hiess es nur immer "so und jetzt spielt schön zusammen". Und dann sass man da und glotzte sich doof an und alles war peinlich.

eva-248Abgesehen davon unterscheidet sich der peruanische insofern von einem deutschen Kindergarten, als dass viel getanzt wird. Wirklich viel, und zwar richtig: Samba und so. Deswegen war ich nach vier Stunden Arbeit auch reif für die Siesta. Tanzen in der knallenden Hitze im Patio, am Besten noch mit einem "Mama" brüllenden Drecksspatz auf dem Arm, das zehrt an einem. Dennoch ein schöner und erfüllender Beruf. Wären da nicht die vielen schlimmen Geschichten der Kinder. Sie kommen aus normalen peruanischen Familien, untere Mittelschicht würde ich sagen, und ganz eindeutig herrscht in ca. 70% der Fälle Gewalt und Unordnung. Es gibt keine festen Zeiten für das Essen, für Schlafen etc. Deswegen wird morgens mit Marschieren angefangen, was ich anfangs etwas verstörend fand (vor allem den Text des dazugehörigen Liedes: "Ich bin ein peruanischer Soldat, ich verteidige mein Land", gesungen von einem Kind), dann aber doch als ganz einleuchtend erachtete.
eva-191Nach dem Kindergarten gehe ich ins Institut, esse mit den Lehrern und mache das, was gerade anliegt. Von Kaninchenfutter kaufen über den Doktor zu Veranstaltungen begleiten bis hin zu Schwimmbecken reinigen ist da alles dabei.
Gewohnt habe ich wieder bei der jungen Mutter. Sie ist in meinem Alter und hat eine 2jährige Tochter. Ich dachte, mir ihr kann ich nach der Arbeit ganz gut entspannen. Pustekuchen! In den wenigen Tagen hat auch sie sich als Teil des Projekts entpuppt. In mehreren nächtelangen Gesprächen sind schlimme Sachen zu Tage getreten. Ihrer Aussage zufolge hat sie noch nie mit jemandem drüber geredet ausser dem Priester. Und zwar: Nicht nur hat der Vater ihrer Tochter sie sitzen lassen und zahlt nicht (und sie verklagt ihn nicht! Alltag in Peru). eva-270Sie wurde darüberhinaus als Kind von ihrem Onkel sexuell belästigt und fürs Schweigen bezahlt (auch das leider Alltag, wie ich erfahren musste). Schlimmerweise kenne ich den Onkel auch noch und musste teilweise mit ihm arbeiten. Schwierige Situationen. Sie ist sehr religiös und was sagte der Priester ihr, als sie ihm die Attacken des Onkels beichtete? "Lass es dabei beruhen und gefährde nicht den Frieden der Familie." Na super! Oh Marx, du alter Ganove, ich werde nochmal über dich nachdenken.
Jedenfalls hat sie ihre Thesis (Abschlussarbeit Lehramt) nicht geschrieben, weil sie Angst vor einem der männlichen Lehrer hatte (ich weiss nicht, ob diese Angst gerechtfertigt ist oder ihrem Trauma entspringt. Aber so, wie ich die peruanische Männerwelt bisher erlebt habe, muss ich sagen: ich tendiere dazu, dem Mädchen Glauben zu schenken. Auch ich habe so meine Erfahrungen mit den Lehrern gemacht, die kennen keine Zurückhaltung.).
Naja, in den wenigen Tagen habe ich die ganze grosse Familie kennengelernt und auf komplizierte Weise hängt alles miteinander zusammen, auch mit meiner Arbeit und dem Institut und am liebsten würde ich sie alle versammeln und erzählen was eingentlich los ist aber das geht wohl nicht.

Dienstag, 3. März 2009

Limas Gesichter I

eva-300

Nach diesem Wochenende in San Juan de Miraflores muss ich meine Definition von "Armut" leider revidieren. Die Menschen hier in meinem Wohndistrikt Callao, die mir bisher als "arm" galten, sind vielmehr Mittelklasse. Dann sind nämlich die Menschen oben im Barrio Campoy untere Mittelklasse und die Menschen im Barrio San Juan de Miraflores wirklich arm.
eva-307Ungefähr 100 Jugendliche von "Un techo para mi pais" brachen am Freitag auf, um in 3 verschiedenen Armutszonen von Lima Daten zu erheben. "Un techo" will auf diese Weise Menschen und Familien finden, die ein neues "Haus" dringend nötig haben. Im April geht dann die Bau-Phase los. Diese Hütten sind aus Holz, ca. 4x6 Meter und haben einen festen Boden und ein Wellblechdach. Was für uns wie eine Ditsche (Datsche? Diese Schrebergartenhäuser) aussieht ist für die Leute in den Bezirken ausserhalb Limas der absolute Luxus. Unsere Aufgabe war, jeweils zu zweit mit Fragebögen und Zollstock bewaffnet loszuziehen, und die ganz armen, ganz verzweifelten von den armen, verzweifelten zu unterscheiden. Eine furchtbare Aufgabe.
eva-297Ich würde nach meinen Erfahrungen sagen, dass die Durchschnittsfamilie 6 Personen umfasst, die in einer Hütte von 5x4 Metern leben. Das Durchschnittseinkommen einer Familie liegt bei 80 Soles pro Woche, das sind 20 Euro. Diese Hütte ist Schlafzimmer und Küche in einem. Der Boden ist Erde oder Felsgestein. Das führt dazu, dass es unmöglich ist, sauber zu halten: Erde und Dreck sind einfach überall. Müllabfuhr gibt es kaum, weshalb die Leute den Müll meist selbst verbrennen und es überall schlimm stinkt. Die Wände und Dächer sind wilde Mischangelegenheiten aus Pappe, Stroh, Steinen, Autoreifen, Holz. Wenn mal wieder ein Nachbar komisch baut und die höhergelegene Felswand herunterrutscht, wird schonmal ein Schlafzimmer zerstört. Ein Kind hatte Verletzungen im Gesicht weil Geröll in sein Bett gepoltert war. Wasser gibt es, wenn der Wasserwagen kommt. Dann kauft man eine Regentonne für 2 Soles, was vergleichsweise teuer ist. Elektrizität ist Glückssache. Draussen stinkt es und überall sind Hunde. Die Hitze bringt einen um. Hinzukommt, dass es keine Strassen gibt und eine Tour von Nachbar zu Nachbar einem Vulkan-Crossing in Neuseeland gleicht. Es ist mir ein Rätsel, wie alte Menschen und kleine Kinder sich draussen bewegen können.
eva-351Wir selbst waren am Ende des Tages superfertig und haben die Nudeln mit Thunfisch, den Reis mit Thunfisch oder das Puree mit Thunfisch dankbar heruntergeschlungen. Geschlafen haben wir in dem Klassenzimmer einer Schule, ohne Matratze auf dem Zement, was kalt war aber mir dann doch vergleichsweise privilegiert vorkam. Um 6 Uhr morgens hiess es dann "spanische Rockmusik an" und weiter ging es. Sehr nette und engagierte Leute sind das. "Un techo" arbeitet in ganz Lateinamerika. Wer gerne in Peru oder anderen Ländern sozial aktiv werden will, dem empfehle ich dieses Projekt.
eva-316
Fast schon unangemessen schön und spektakulär ging abends die Sonne im fernen Meer unter. Von unserem Standpunkt in den Bergen sah man am Horizont wie ein Versprechen Limas Türme und Gebäude und das schimmernde Wasser, davor die Lichtermeere der Wohndistrikte. Dann wurde das Licht immer weniger bis zu den Barrios am Hang des Berges, die im Dunkeln verlassen dalagen.

Freitag, 27. Februar 2009

Mümmelmänner

eva-138

Meiner Lieblingsdiva Käptn "KPTN" Schmörk kann ich ja nun bekanntlich keine Bitte abschlagen. Deshalb widme ich ihr diesen Beitrag und schicke herzerwärmende Kaninchenfelle ins kalte Berlin.eva-131 Und ich lasse unauffällig ein paar Karnickelbilder einfliessen, ganz suggestiv. Zudem erinnert gerade das Schwarze in seiner mandeläugigen Zwerghaftigkeit ein wenig an das geliebte Schmörki! eva-139Ich selbst werde ab Morgen mit "Un techo para mi pais" für drei Tage in die Pampa fahren und Erhebungen machen. Bei der Evaluation (kommt von "Eva") geht es darum, herauszufinden, wie die Arbeit des Programms das Leben der Menschen verbessert hat. In den letzten Jahren haben die mit der Bevölkerung zusammen 1200 Hütten mit Wasser- und Stromversorgung in den umliegenden armen Zonen von Lima gebaut. eva-137Ich komme wohl am Montag wieder, am Dienstag gehts dann wieder nach Campoy zu den Kaninchen.

Dienstag, 24. Februar 2009

Campoy

eva-100

Das Wochenende brachte mal wieder jede Menge Dichter.
In einer räucherkerzenrauchgeschwängerten düsteren Höhle wurden mit viel Leidenschaft und Körpereinsatz Gedichte vorgetragen. Vom Aggressionspotential her ähnelte das Ganze eher einem Rap-Battle. Dann trat eine selten schlechte Rockband auf und wir gingen zum nächsten Absacker in die nächste Künstlerkneipe. An allen Tischen sitzen sie, Scharen von Poetas, und lesen aus ihren Büchern oder zeigen ihre Bilder. Und trinken natürlich. Ich habe ganz schön abgeräumt: Ein Buch, mehrere Gedichte und ein Bild wurden mir mit Widmung vermacht. Viele Gedichte sind allerdings ziemlich schlecht.

Der nächste Tag brachte den ersten Krankheitsschub des peruanischen Magendarm-Virus, aber auch einen interessanten Ausflug nach Campoy. Das liegt sehr weit ausserhalb von Lima in den Bergen. Hier hat es die Anden-Bevölkerung hinverschlagen, die dachte in Lima das grosse Glück zu finden. Aber Pustekuchen. Verfallene Hütten, kein Wasser, keine Bildung. Bis vor 35 Jahren ein verrückter Deutscher namens Franz Ecker mit seiner peruanischen Frau das Unmögliche wahr machte und im Laufe der Zeit mehrere Schulen und Kindergärten aufbaute. Hier sieht man mehr.eva-125
Rubén und ich waren sehr beeindruckt von Franz Eckers Persönlichkeit. Er ist inzwischen über 70, fährt aber nach wie vor 6 Tage die Woche mit seinem Jeep zur Arbeit, brodelt ständig über vor Ideen, ist sehr schlau, auch Philosoph und nebenbei noch gross- und warmherzig. Und witzig.
Deswegen werde ich mich in den nächsten Wochen immer mal für einige Tage nach Campoy begeben. Vor Ort ist es möglich, in mehreren Institutionen mithelfen. Ich kann auf einem Grundstück von Franz schlafen. Dort bin ich zwar mehr oder weniger alleine, habe aber einen tollen Garten mit Feigen und 100 Kaninchen mit Kaninchenbabys.

Freitag, 20. Februar 2009

Nicken, kreatives Schreiben y la niña perdida

Heute habe ich den Weg alleine in die Stadt gemeistert, weil ich zu einem Kurs wollte. Das ist in Anbetracht der ganzen verwirrenden Busse ("Busse", auch gerne VW-Minibusse, die von oben bis unten mit Leuten vollgestopft sind) und ihrem nicht-existenten System gar nicht so leicht.

Carlos gibt einen Kurs über technicas narrativas, also eine Art Creative-writing-Workshop. Hat sehr viel Spass gemacht, obwohl ich sprachlich daran gescheitert bin, meinen imaginären Roman vorzustellen.

Vorher bin ich ein bisschen durch Miraflores gelaufen, vor allem durch den Parque Kennedy. Dort legte ich ein verwirrendes Verhalten an den Tag, dass ich an anderer Stelle schon einmal in Berlin beobachtet habe. Ein Pärchen kam mir im Getümmel entgegen, er mit weissblondem Haar, sie dunkelblond und blauäugig, auf jeden Fall beide: weiss. Sie starrten mich an, ich starrte sie an. Dann, vollkommen unbewusst und reflexartig, nickte ich ihnen zu. Sie nickten zurück.

Während ich weg war, kam hier eine grosse Suchaktion ins Rollen: Ich hatte vergessen mich bei Clementina abzumelden! Also suchten sie mich auf dem Mercado und im Einkaufszentrum einen Block weiter. Peinlich, peinlich wars, als ich wiederkam und ich überall mitleidig gefragt wurde, ob ich mich verlaufen hätte.

Jetzt ist es gleich 23 Uhr und alle sind auf den Beinen. Es ist mit die aktivste Tageszeit hier. Eine grosse Aufgabe wird gerade in Angriff genommen: Der Busch der Nachbarn wird mit grosser Schere gekürzt, weil er Fliegen anzieht und somit die Gäste stört, die morgens vor meiner Tür an Clementinas kleinem Wägelchen frühstücken. Wenn DAS mal keinen Stress mit den Nachbarn gibt...

Donnerstag, 19. Februar 2009

FaktenFaktenFakten

eva-009

Fakten von einer Deutschen, die ich kennengelernt habe. Der Artikel findet sich hier auf Seite 35.

eva-062Die Bewohner der ärmeren Gebiete "stammen aus
der Gebirgskette, den Anden, oder dem
Urwald, dem Amazonasgebiet. Diese stellen
mit die ärmsten Regionen Perus dar. Laut
einer Studie der Vereinten Nationen aus
dem Jahr 2004 sind im ländlichen Andenraum
81,8%, im ländlichen Urwaldgebiet
71,9% und an der Küste 48,4% der Bevölkerung
von Armut betroffen. Im Vergleich
hierzu werden im städtischen Andenraum
48,6%, im städtischen Dschungelgebiet
58,1% und in Lima „nur“ 34,7% der Bevölkerung
als arm eingestuft.. Diese Zahlen
verdeutlichen die extreme Ungleichheit
der Reichtumsverteilung in Peru, die sich
auch in der geographischen Aufteilung des
Landes wiederspiegelt.
"

eva-035Über das bessere Viertel "Miraflores":
"An jeder Straßenecke hockt ein „Guachiman“,
das ist ein Anglizismus und kommt
von Wachtman, was soviel heißt wie „derjenige,
der guckt, der aufpasst“. Die Guachiman
gehören zum Straßenbild. An beinahe
jeder Ecke findet sich ein kleines Häuschen,
so groß, dass gerade ein Stuhl samt Mann
hineinpasst. Die Guachiman sind bewaffnet
und sorgen für Sicherheit. Auch hindern sie
Unbefugte daran, extra eingezäunte Strassen
zu betreten. Die Zäune symbolisieren
die sozialen Grenzen. Auf der einen Seite
scheinen sie notwendiges Mittel zu sein, um
die Sicherheit jener zur gewährleisten, die
zumindest über ein wenig Habe verfügen.
Auf der anderen Seite grenzen sie diejenigen
aus, die aufgrund ihrer sozialen Stellung
kriminalisiert werden oder soziale Kriminelle
geworden sind."


eva-042"Im Jahr 2002 waren 23,9% der Bevölkerung
von extremer Armut betroffen, d.h. sie verfügten
über weniger als einen Dollar am Tag
und konnten somit nicht einmal ihre Grundbedürfnisse
befriedigen. Der Verbrauch von
20% der ärmsten Bevölkerung Perus macht
gerade einmal 6% der gesamten nationalen
Verbrauchs aus.
"

Montag, 16. Februar 2009

El ozo de oro

Der goldene Bär der Berlinale ging dieses Jahr an einen peruanischen Film, der sich mit den Folgen des Bürgerkriegs beschäftigt - wie ich gerade. Würde ihn gerne sehen, aber er kommt in Peru erst in etwa drei Monaten raus.

Poesia limeña

Welch abwechslungsreiches, spannendes Wochendende.
Am Freitag sind wir in die besseren Viertel San Isidro und Miraflores gefahren. Dort ist es tatsaechlich sehr schoen und erinnert ein wenig an die netten Ecken von Madrid. Allein die Fahrt ist ein Abenteuer. Am haeufigsten wird mir hier die Frage gestellt: "In Europa gibt es Metro, oder?" Das ist hier unvorstellbar. Man faehrt mit klappernden Minibussen ohne Tueren und Haltestellen und mit eiernden Taxis.
Wir haben in Miraflores die Dichterfreunde Carlos, Carlos und Gonzalo getroffen und in einer Spelunke stilecht getrunken und ueber Poesie und das Leben debattiert. Meine Beitraege haben immer wieder fuer Erheiterung gesorgt, da sie meist nicht viel mit dem aktuellen Thema zu tun hatten. Man hoert ja doch oftmals, was man hoeren will.
eva-025Gonzalo war besonders beeindruckend mit seinem riesigen grauen Kamelkopf. Eine Geschichte wie eine Telenovela: Seine Frau Leda ist die Tochter reicher Industrieller, die Gonzalo ablehnen, weil er ein Dichter ist. Sie ziehen immer fuer ein paar Tage um, wenn er ins Haus kommt.
eva-021Einer der beiden Carlosse hat eine riesige Villa, in die wir nachher gingen um Gedichte Korrektur zu lesen. Wie euphorisch sie mit ihren Gedichten sind, ist schon beeindruckend. Ich habe mich in meiner Bierseligkeit auch irgendwann getraut zu lesen.
Dass die drei uns in Callao besuchen, ist recht unwahrscheinlich. Gerade Gonzalo faellt genauso auf wie ich, weil er so gross und hell ist. "¿Ya sabes donde vives?" hat er mich gefragt, als wir mit Carlos Jeep durch die bewachten und ruhigen Strassen von Miraflores fuhren. Ja, mir ist nun bewusst wo ich wohne.

Einen Tag spaeter war ich auf dem Markt und die amuesante Frosch-Episode nahm ihren Lauf (s.u.). Dann ging es zu einem Fussballspiel einiger Brueder, das hernach mit Bier begossen werden musste. eva-046Auch wenn ich die meiste Zeit sass, generierte sich bei dieser Gelgenheit mein neuer Spitzname (la giraffa). Das Fussballspiel und die Fiesta waren sehr lustig. Aber man darf neben der ganzen sprichwoertlichen Lebensfreude der Armen nicht die tragischen und schlimmen Aspekte uebersehen. So war es unter anderem bitter, dass einige Vaeter mit ihren Babys da waren und sich betranken.eva-084 Ein Schwager Rubens beispielsweise (so alt wie ich und Vater zweier Toechter) musste um 10 Uhr abends zu seinem neuen Job. Er kippte ein Bier nach dem anderen und war um 9 Uhr so betrunken, dass ich ihm auf dem Weg zum Taxi das Baby abnahm (obwohl ich selbst nicht mehr ganz nuechtern war). Ob er den neuen Job behalten wird, wage ich zu bezweifeln.

Im Gegensatz zu den eher misstrauischen Blicken, die mich tagsueber treffen, behandelte man mich im allgemeinen Alkoholrausch nun mehr mit Hochachtung. Babys, deren Madrina ich sein soll, wurden auf meine Knie gesetzt und Fotos gemacht. Kinder tatschten meine Haare an. Zwei aelteren Abuelos musste ich versprechen, ihnen ein Foto von mir zu geben, das sie neben ihr Jesus-Bild haengen wuerden. Die Frauen wollten wissen, wie ich meine Haare so hell kriege.eva-053
Damit schneiden sie sich ins eigene Fleisch, mit dieser absurden Huldigung der Hellhaeutigkeit. Und unterstuetzen auf paradoxe Weise den enormen Rassismus, der in Peru herrscht. Innerhalb der indigenen Bevoelkerung fuehrt die Verehrung der hellen Haut offensichtlich zu einer Art Autorassismus, der genauso schizophren ist wie die Behandlung, die sie mir angedeihen lassen.

Groessenunterschiede

eva-012 eva-087

Sonntag, 15. Februar 2009

Frosch, geschuettelt und geruehrt

Es ist eigentlich so naheliegend gewesen, aber ich bin nicht drauf gekommen. Heute bin ich auf den Markt gegangen und habe die blonde Maehne komplett unter einer Muetze versteckt. Ideal, das Blickaufkommen hat sich um ca. 70% verringert.

Auf dem Markt habe ich 2,5 Kilo Kartoffeln und 1 Kilo frischen Kaese fuer nicht ganz vier Euro gekauft. Verzueckt betrachtete ich nach dieser Heldentat einige Froesche, die fidel in einem kleinen Becken rumhuepften. Die Verkaeuferin des Standes nickte mir laechelnd zu, ich nickte zurueck: Ja, auch ich bin ein Tierfreund!
Erschreckenderweise tauchte sie daraufhin eine behandschuhte Hand in das Becken, zog einen zappelnden Frosch heraus, tat ihn in einen Mixer und mixte ihn bei lebendigem Leibe! Jugo de rana! Froschsaft.
Ich war ganz starr vor Schreck und zahlte fuer den Becher des koestlichen Gesoeffs. Ich gab ihn einigen Kindern, die neben mir standen und das Zeug runterstuerzten wie wir es seinerzeit mit Red Bull taten.

Freitag, 13. Februar 2009

Into the wild

Endlich weiss auch Klein-Eva was ein Kulturschock ist. Und kommt nicht mehr auf den Gedanken, dass alles auf der Welt immer wieder klappt und funktioniert. In Lima funktioniert, gelinde gesagt, nichts. Keine Metro. 10 Millionen Einwohner, davon 8 Millionen arm. Und teilweise wirklich arm, mit Papphuetten die regelmaessig abbrennen weil die Leute wegen nichtvorhandenem Strom Kerzen benutzen muessen.

Aber von vorne. Ich lebe bei Ruben, den ich seinerzeit in Madrid kennengelernt habe, weil Lisa ihn fotografiert hat, und seiner Familie. Callao ist ein Stadtteil von Lima, die Gegend heisst Santa Cruz. Es ist nicht die allerschlimmste Gegend, aber auch keine, in der sich eine Gringa wie ich einfach so frei bewegen kann. Die naechsten Tage werde ich erstmal immer in Begleitung der Familie sein und dann weitersehen. Ich muss wirklich wie ein Alien auf die Leute wirken. SO riesig und so blond. Ich poste bald mal Fotos in denen der eklatante Groessenunterschied deutlich wird. Und dabei hasse ich es so sehr, aufzufallen.

Rubens Familia ist das egal, sie nehmen so ein Monsterlein wie mich offensichtlich mit Freuden auf! Kaum war klar, dass ich laenger bleiben werde, sind 2 Brueder stillschweigend losgefahren und haben eine neue Matratze gekauft. Mir ist das wirklich unangenehm, zu wissen dass sie selbst so wenig haben und mir so viel geben. Geld wollen sie nicht. Das muss ich ihnen vielleicht unter die Kopfkissen stecken wenn ich abreise.
Aber Alberto, der Vater, meinte heute auch zu mir, er will einfach nur viele Kinder um sich haben und in Gesellschaft leben, das macht ihn ruhig und gluecklich und nicht der Komfort.

Die Familie bedeutet echtes Hirntraining fuer mich. Da ist Clementina, die Mama. Alberto, der zweite Mann. Und dann diverse Kinder aus dieser Verbindung und auch aus anderen Verbindungen... Naja, hier wohnten wohl einst 9 Geschwister, jetzt nur noch 7. Aber so genau ist das noch nicht zu durchschauen, denn ein paar haben schon Kinder, die sind auch oft da, und dann kreuzen Kinder vom ersten Ehemann auf. Also, ich gebe mir Muehe mit den Namen.

Sprachlich klappt es ganz gut. Wenn ich nicht gerade mit einem der schuechternen Brueder spreche, oder Clementina laechelnd spricht und sich die Hand vor den Mund haelt (ihr fehlen viele Zaehne), dann verstehe ich alles recht gut und kann meinen klaeglichen Teil zur Unterhaltung beitragen.

Sie sind wirklich sehr arm hier. Die Armut wird vom Staat noch unterstuetzt: Ab 22 Uhr gibt es kein Wasser mehr, Krankenversicherung und Bildung fuer alle gibt es nicht etc.
Heute habe ich mit der Familie einen Ausflug an den Strand gemacht, ins bessere Viertel La Punta. Dort gibt es ueberall Polizei und Seguridad und ich habe auch endlich mal ein paar artverwandte Gringos gesehen. Die Haeuser sind sehr schoen und alles ist heile. Man fuehlt sich gleich viel sicherer, aber das hoert auf sobald man die Bezirksgrenze zu Callao uebertritt.

Glueklicherweise hat Ruben unendlich viele Buecher. Vorhin habe ich ein wenig Thomas Mann auf Spanisch gelesen, das war lustig. Ansonsten lese ich das fahle Feuer von Nabokov und finde es ganz toll. Aber gleichzeitig muss ich mehr ueber Perus Geschichte lernen. Ruben erzaehlt immer soviel, kann das gar nicht alles behalten. Deswegen habe ich heute auch eine Wikipedia-Stunde eingelegt. Danach konnte ich immerhin Rubens Vater darueber belehren, dass Perus drei grosse Verbrecher Abimael Guzman , Victor Polay und Vladimiro Montesinos ironischerweise nebeneinander einsitzen - waren sie doch im Buergerkrieg die groessten Feinde. Sie alle mordeten bis in die 90er hinein und machten auch vor der Zivilbevoelkerung nicht halt. Die einen als Guerilla-Kaempfer, der andere als Staatsdiener. Vargas Llosa-Leser wie Papa werden jetzt wissend nicken. Und wo sitzen sie? Genau, bei uns um die Ecke im Marine-Gefaengnis Callao.

Morgen oder am Montag werde ich mich mit einer Orga-Frau treffen, die hier in Lima Haeuser fuer Arme bauen. Eigentlich wollte ich ja mehr was paedagogisches machen, aber ein bisschen koerperliche Arbeit ist natuerlich auch nicht schlecht.

Mittwoch, 11. Februar 2009

Verwirrt

stand ich gestern am JFK in New York (der "Stadt mit Loch", zitiert nach Tomte 06).
Den ganzen Flug hindurch hatte ich das großartige und unterhaltsame Buch verschlungen, das Flo Schm. mir geschenkt hat (Don Juan de la Mancha von Robert Menasse). Dann war ich in Tiefschlaf gefallen und träumte von Füchsen, die äußerst menschlich agieren konnten. Ich ward gerade richtig aufgewacht, um den ältlichen Stewardessen und Stewards von American Airlines noch die 4Käse-Pizza aus der Hand zu reissen ("HALT! gehen sie nicht weg! ich BIN wach! Geben Sie die Pizza.").

Anschließend musste ich aus dem Flugzeug raus, leider! Ich dachte mein Flug nach Peru geht in der darauffolgenden Nacht und ich schlafe ein wenig am Flughafen. Pustekuchen! Sie wollten mich nicht, die Sicherheitsleute. Sie verlangten, dass ich mich in der Stadt aufhalte. Also in Panik Jule angerufen und zu ihr nach Brooklyn gefahren! (Währenddessen hat Flo Schm. von Deutschland aus alle Hebel in Bewegung gesetzt um mir, der kleinen Heulboje, zu helfen... danke für den liebevollen Support!)
Dort bei Jule habe ich herausgefunden, dass der Weiterflug erst übermorgen geht. Nun ja, unverhofft kommt oft. Mangelndes Interesse am eigenen Reiseplan setzte mich in meinem Leben bereits des öfteren solchen Situationen aus.
Nun, ich freue mich aber. Ich sitze hier in Julias und Maries wunderschöner Wohnung und fühle mich wie Carrie (nur das der Apple-Computer fehlt), in meinem Kopf läuft die Anfangsmelodie von "Sex and the City" in der Endlosschleife.
Ich will Euch aber nicht Zitate aus dem Menasse-Buch vorenthalten.

Ich liebte sie. Es ist keine Kunst, das Liebenswerte an einem Menschen zu lieben. Das Liebenswerte zu lieben ist nicht Liebe, sondern Huldigung. Wenn aber einer, der die Zahnpastatube verschließt, einen sentimentalen Blick auf die vorne eingedrückte und nicht zugeschraubte Zahnpastatube im Badezimmer wirft, dann liebt er den Menschen, der mit geputzten Zähnen im Bett liegt. Dies zeigt allerdings auch, dass Liebe nichts mit Sex zu tun hat, mit Gier - wer putzt sich bei Sturm noch die Zähne? Daher führt Liebe konsequent zu getrennten Schlafzimmern.

Oder:

Das hatte ich jetzt gelernt. Man kann kein Mensch sein ohne einen anderen Menschen. Und: Ich wollte allein sein. Ich empfand das nicht als Widerspruch.

Samstag, 7. Februar 2009

SydneySeoulBerlin

IMG_1351

Der Flug von Sydney nach Seoul war traumhaft. Ich saß inmitten von vier chinesischen Schulklassen (vielleicht weiß der ein oder andere um mein überbordendes Interesse an asiatischen Kulturen) und es gab nur fünf (furchtbare) Filme zur Auswahl, deren Anfang man darüber hinaus immer abpassen musste. Bei dem Richard Gere-Film verdrückte ich dann doch eine Träne, aber mehr als Hommage an Mama, weil sie Richard so gern mag.
Das erquickende Quäken der asiatischen Äffchen noch im Ohr, verließ ich in Seoul mehr rennend als laufend den Flieger und fand mich am Travel Desk wieder, wo ein kleiner (na was auch sonst) Koreaner diktatorhaft Namen in die Gegend bellte. Ich musste so lachen! Nie ward mein Name einfühlsamer ausgesprochen worden, nie hatte jemand die Dominanz der Konsonanten meines brutalen Nachnamens mit soviel sprachlicher Raffinesse hervorgehoben.
Wir armen Reisenden folgten ihm wie die Lämmer zur Schlachtbank in die kalte Nacht von Seoul und brausten bald darauf in kleinen Bussen zum Hotel. Da wurde ich sentimental, wie immer wenn ich irgendwo auf der Erde bin und denke, dass ich verloren gehe und gewiss verhungere oder mein Pass oder das Gepäck gehen verloren, um dann zu merken, es klappt letztendlich doch alles. Denn dennoch geht meistens (fast) immer alles gut, ist das nicht unglaublich! Weil menschliche Strukturen dann doch immer wieder funktionieren, überall auf der Welt, und auch wenn man die Sprache nicht versteht, sitzen doch Gleichgesinnte mit einem im Bus und ruckeln durch eine fremde Nacht und wissen nicht um die Dinge, die da kommen, und vertrauen dennoch, genau wie man selbst.

Das Hotel Sevilla riss mich aus diesen sentimentalen Gedanken. Außer dem Namen und ein, zwei Bildern hat es nichts Spanisches. Dafür besitzt es keine Fenster, und wenn man auf eines stößt, kann man sich sicher sein, dass man beim Öffnen einen Ausblick auf die gegenüberliegende Wand hat. Dies verlieh dem ganzen eine besondere klaustrophobische Note, auch eine gewisse Science-Fiction-Atmosphäre kam auf. Nichtsdestotrotz war das Zimmer großartig, es ist überhaupt großartig, in Hotels zu sein.
Das Abendessen wurde im schicken Restaurant im Basement angerichtet. In meiner abgerissenen Kleidung fühlte ich mich erst etwas unwohl – ein Gefühl, das sofort verflog als das Essen aufgetischt wurde. Es erreichte bestenfalls Jugendherbergs-Niveau, was einen interessanten Kontrast zu den räumlichen Gegebenheiten erzeugte. Eine Dresdnerin, eine schottische Lady und ich würgten mühsam Algen-Pappe und Chicken Curry herunter.

Die letzten Tage in Manly waren herrlich und unter anderem geprägt durch spektakuläre Sushi-Orgien. Meine Abschiedsparty war ein großer Erfolg! Man tanzte im Wohnzimmer, fand auf der Straße ausrangierte Einkaufs- und Kinderwagen, ging noch eine Runde in einer schäbigen Bar tanzen, ließ sich (wie in meinem Falle) von betrunkenen Australierinnen 2 bis 3 Bier in den Rückenausschnitt kippen, denen man einfach nicht mehr böse sein konnte weil sie schon so überm Deister waren. Dann sang man noch „Dust in the wind“ auf dem Corso.
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Ein weiterer schöner Ausflug war der in den Royal National Park, der nur eine Stunde von Sydney entfernt ist. Es ist der 2. National Park, der jemals auf der Erde gegründet wurde. Er ist Royal weil die Queen mal da war. Dort gibt es Lagunen, einsame Strände, Dünen und Felsformationen, die aussehen wie geschlagene Sahne.
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Doch Obacht am nationalparkseigenen Kiosk! Der Hot Dog ist eine fies wachsrot gefärbte Speckwurst, das Brötchen das dazu kommt ist ein riesiger Weichteig-Ballon! Nicht empfehlenswert. Darüber hinaus wird das Essen einem ein bisschen vermiest durch die beeindruckenden Kakadus, die man erst ganz toll findet, die einem aber dann doch etwas zu nah auf die Pelle rücken und „ruckedigu! Gib mir dein Essen“ machen. Für den Graf und mich der Horror, wo wir doch beide solche Futterneider sind.
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Auf dem Flug nach Berlin habe ich "Lady Chatterleys Lover" zu Ende gelesen und fand es sehr gut. Und ich habe "Lakeview Terrace" gesehen mit dem herrlichen Samuel Jackson und habe ihn für gut befunden.
Jetzt bin ich in Berlin und erfreue mich an der schönen kalten Luft und muss sagen: so ein schlimmer Moloch ist es dann doch wieder nicht.

Drei Grammophone

Von allen Institutionen befreites, hemmungsloses Assoziieren.

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caro (Gast) - 25. Mär, 05:29
Sag mal olle (thanks...
Sag mal olle (thanks for reading my essay, by theway.....
Florian Schmitz (Gast) - 20. Mär, 19:36

Die Mitbewohnerin in der Ferne

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