Erinnerungen

Ab heute habe ich noch 22 Tage. 22 Tage bis ich in der Schweiz bin.
Eigentlich müsste ich aufgeregt, froh oder zumindest dankbar sein dafür, dass es endlich soweit ist. Aber ehrlich?
Nein, es ist erstens noch etwas lange hin und zweitens kann ich mir es immer noch nicht vorstellen.
Tja ich packe schon langsam meine Sachen zusammen, aber trotzdem fassen kann ich es trotzdem nicht. Ich müsste schreihen jubeln, doch es ist genau das Gegenteil der Fall.
Im Moment habe ich einfach kein Antrieb und zu nichts Lust.
Alles fällt schwerer und schwerer.
Jetzt kann ich auch nicht mehr richtig schlafen. Depressionsschub hat mich eingeholt. Schon wieder. Ich hab es satt zu warten.
Gewartet habe ich bis jetzt immer wieder.
Durch die Schule, damit die aufhört, durch die Ausbildung, dass ich endlich machen kann was ich will, durch die BOS, dass die Schule aufhört und ich mein verdammtes Abitur in den Händen halte. Und immer wieder denke ich, gerade in letzter Zeit wieder verstärkt, daran zurück, dass ich eigentlich schon vor 10 Jahren ins Ausland gehen wollte. Da wollte ich ein Auslandsaufenthalt in USA oder England machen, mit einem anschliessenden Praktikum. Das hätte mich natürlich weit voran gebracht, da ich in Englisch eine Niete war. Nun, leider haben es die Eltern verboten und ich ging nicht.

Im Moment denke ich immer wieder daran zurück was sonst mit ihrem Verhalten unmöglich war. Da wäre zum Beispiel die TheaterAG in der Realschule. Seit ich in der ersten Klasse zum ersten Mal mit der Klasse bei einem Projekt vor Publikum stand, wollte ich Schauspielerin werden. Ein mal habe ich mich dazu durchgerungen an einer Schule vorzusprechen. Natürlich wurde ich nicht genommen. Aber die sagten, dass ich ein gutes Gesicht habe, nur müsste ich etwas freier und nicht so steif werden. Auch das habe ich nicht weiter verfolgt. Sondern machte nur das als Hobby im Festspielhaus.

Englisch lernen wollte ich auch schon immer wieder. In der Schule fand ich es abartig schlimm. Dann machte ich ein Kurs am Wall Street Institut und dort machte es mir wirklich Spaß. Nun die Eltern meinten, dass es rausgeschmissenes Geld ist und ich hörte irgendwann auf, weil ich es nicht mehr hören konnte, dass ich dort doch nichts lerne.
Den Führerschein habe ich auch nicht bekommen, weil sie mich unter Druck gesetzt haben. Sie sagten zu mir, dass ich nicht zu dumm wäre ihn nicht zu bekommen und dann viel irgendwann das "nicht" raus.
Familientherapie wurde auch abgeschmettert. Sowas brauchen wir nicht.

Doch jetzt ist alles anderes. Als ich gesagt habe, dass ich das gerne machen würde meinten sie nur, dass ich das machen sollte. Und sie unterstützen mich, wenn ich Leistung ablege.
Wieso konnte das nicht schon vor 10 Jahren so sein?
Wieso musste ich immer wieder warten?
Was wäre passiert, wenn ich die Schauspielschule gemacht hätte?
Wo würde ich dann jetzt stehen?
Olli (Gast) - 10. Aug, 09:10

Verzeih

Egal, wie sehr du dich jetzt darüber ärgerst, dass deine Eltern die Wege verwährt haben, verzeih ihnen, sonst wirst du es später bereuen. Den Führerschein kannst du doch immer noch machen und wenn du ihn selbst finanzierst, dann kannst du sagen du hast es allein geschafft.

Danielle1798 - 12. Aug, 14:51

Olli du hast schon recht, dass ich ihnen verzeihen soll. Nun es ist einfach als gedacht. Da habe ich einfach immer wieder Zeiten, in denen das einfach schwieriger ist. Obwohl alles abgeschlossen und in der Vergangenheit liegt, kommt es immer wieder hoch. Leider.
Ranunkelchen - 12. Aug, 21:23

versuch nach vorn zu sehen, neugierig zu werden auf all das neue, was vor dir liegt. du kannst neu entscheiden, jeden tag, ob du rückwärts oder vorwärts siehst.
und wenn du dich dabei ertappst, wieder einmal zurück geschaut zu haben...morgen gibts eine neue chance für diese kleine übung :-)

Danielle1798 - 13. Aug, 15:05

Danke dir für deine Worte Ranunkelchen.
Es sind auch immer wieder Phasen, in denen so etwas passiert.
romeomikezulu - 12. Aug, 21:26

Es gibt Sachen, die werden NIE ganz aus dem Weg geräumt werden oder verziehen werden können - aber DEINE Art, damit umzugehen bzw. Deine Sicht
auf diese Dinge - DIE wird sich ändern, mein Wort drauf. Und zwar keineswegs im Sinne von "Ach, meine Eltern hatten ja doch im Einen oder Anderen Recht..."
oder so einen Müll, keineswegs.
Aber die Art und die TIEFE, in der es Dich bewegt, wird sich verändern.
Du wirst eines Tages lockerer damit umgehen, einfach aus der Erkenntnis heraus, dass sich Menschen so gut wie NIE ändern lassen.
Und dass Eltern eben auch Menschen sind. Manchmal zum Schütteln Dämliche.

Wieso nicht dies, wieso nicht das vor 10 Jahren? Hey, Du bist noch jung genug ;-)
Und sieh mal, die Schweiz wird Dir neue Perspektiven bieten, neue Erfahrungen.
Wer weiß, was dort alles wartet. Nur auf DICH wartet.

Danielle1798 - 13. Aug, 15:07

RomeoMikeZulu die Tiefe und die Art haben sich in der Zeit schon verändert.
Vielen Dank. Bin auch mal gespannt wie es in der Schweiz wird.
deprifrei-leben - 14. Aug, 22:40

Ich habe mir ziemlich abgewöhnt, meine Gedanken auf das "Was wäre wenn..." zu konzentrieren. Dies hat mir früher regelmässig Depressionen gebracht. Man kann nur aus der Vergangenheit lernen, aber diese nicht verändern. Ich denke, dass du auf einem guten Weg bist. Vielleicht haben deine Eltern damals den Auslandsaufenthalt nicht zugetraut und hatten Angst um dich. Meine Mutter ist auch super ängstlich, was mein Leben angeht. Aber du hast eine Menge erreicht, eine Ausbildung gemacht, die du nicht leiden konntest und sogar das Abitur abgeschlossen. Es gibt mehr Gründe auf dich stolz zu sein, als Gründe sich fertig zu machen. Du bist gewiss stärker, als du dich selbst wahrnimmst.
Ist doch toll, dass deine Eltern dich jetzt unterstützen, es hätte ja auch anders sein können. Anscheinend haben sich deine Eltern in den Punkt geändert und dies solltest du auch anerkennen.

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